Gerichtete Variationen in der biologischen und sozialen Evolution

 ("Directed Variation in Biological and Social Evolution"),

by Gisela Kubon-Gilke and Ekkehart Schlicht

Gestalt Theory , 20(1), 1998, 48-77.

Abstract

In this paper we will put into question the idea that it is random variation which drives evolutionary processes. We will argue that the idea of random variation is of rather limited value for purposes of biological and social analysis. If evolution is to to work successfully on complex organisms or social structures, it is necessary that variation occurs in a patterned fashion with systematically correlated changes. We will illustrate some of these patterning processes in biological and social evolution which exhibit surprising parallels. With regard to the social sciences these patterns are generated by psychological regularities (law of prägnanz).

 

Zusammenfassung

Bei der Analyse psychologischer, sozialer und ökonomischer Prozesse wird häufig ein Evoluti-onsargument verwendet, das von Zufallsvariationen und einem anschließenden Ausleseprozeß ausgeht.Diese Sichtweise liefert weder im biologischen, im sozialen, noch im psychologischen Bereich einen wesentlichen Beitrag zur Klärung grundlegender Formbildungsprozesse. lmplizit werden in den entsprechenden Theorien auch tatsächlich Annahmen getroffen. die einer naiven Zufallssicht nicht entsprechen. Evolution kann nur erfolgreich sein - erfolgreich im Sinne der Verbesserung von ,fitness' - wenn die erzeugenden Variationen gerichtet und gekoppelt auftreten. Das Phanomen der Gerichtetheit tritt tatsächlich auf. Auch wenn es analytisch im Einzelfall sinnvoll sein mag, dies zu vernachlässigen, zeigt sich doch, daß viele Evolutionserklärungen einer detaillierten Berücksichtigung der Variationsprozesse bedürfen. Für die Institutionenanalyse ist besonders zu betonen. daß es - anders als in der Evolutionsbiologie - nicht notwendig ist, den Fragen nach den Gründen für gerichtete Variationen im psychologischen und sozialen Bereich nachzugehen. Vielmehr können psychologische Gesetzmäßigkeiten bei der Analyse vorausgesetzt werden. Zudem deuten die Konsistenzanforderungen, Radiationen, Irreversibilitäten und Funktionsverschiebungen darauf hin, daß Institutionen - wie in der Institutionenanalyse oft unterstellt - nicht allein restriktiven Charakter haben, sondern auch Einstellungen, Motive und individuelle Verhaltensweisen schaffen und beeinflussen. Sowohl diese Begleiterscheinungen der Variation als auch die Art und die Schärfe des Selektionsprozesses müssen in Betracht gezogen werden, wenn es um die Entstehung und Stabilisierung von Institutionen geht.

 

 

 

Keywords: social evolution, psychology

 

 

 

Article (in German)


 

Veröffentlichungen/Publications
 

||||||||